Unter den Pyramiden: Was liegt wirklich verborgen? Zwischen Radarbildern und alten Texten

Ein Sandhauch zieht über das Plateau von Gizeh. Während Touristen sich vor der Sphinx in Pose werfen, richtet ein kleines Team von Wissenschaftlern in der Ferne eine Antenne aus. Was sie dabei entdecken, könnte unser Bild vom alten Ägypten ins Wanken bringen – oder bestätigen, was uralte Texte seit Jahrhunderten andeuten.

Eine Entdeckung, die Fragen aufwirft

Säulen unter den Pyramiden
Säulen und Stadt unter den Pyramiden?

Es sind große Worte, die durch die Presse gehen: Zwei Wissenschaftler, Corrado Malanga (Universität Pisa) und Filippo Biondi (Universität Strathclyde), berichten von einer Entdeckung, die an Science-Fiction grenzt. Mithilfe von Radartechnologie wollen sie eine „unterirdische Stadt“ unter dem Gizeh-Plateau entdeckt haben – bestehend aus zylinderförmigen Strukturen, die in ihrer Länge die Pyramiden selbst übertreffen sollen.

Was zunächst nach moderner Mythenbildung klingt, basiert auf realen Messdaten. Zum Einsatz kam eine Kombination aus Georadar, seismischer Tomographie und Frequenzanalyse. Die Forscher sprechen von Hohlräumen in über 30 Metern Tiefe – in regelmäßiger Anordnung, zu groß und zu gleichmäßig, um natürlichen Ursprungs zu sein.

Skepsis ist dennoch angebracht. Internationale Experten verweisen darauf, dass Radarmethoden bei solchen Tiefen an technische Grenzen stoßen. „Ohne konkrete Grabungen oder zumindest Bohrungen sind solche Aussagen gewagt“, urteilt Professor Lawrence Conyers von der Universität Denver, einer der führenden Spezialisten für Ground Penetrating Radar.

Doch die Messungen werfen Fragen auf, die sich nicht mehr so leicht wegwischen lassen. Und sie reihen sich ein in eine ganze Serie von Entdeckungen der letzten Jahre, die zeigen: Das Plateau von Gizeh ist weit komplexer strukturiert, als lange angenommen.

Kammern, Gänge – und immer neue Rätsel

2023 wurde mithilfe von Endoskopie und Mikrowellen-Radar eine zuvor unbekannte Kammer oberhalb des ursprünglichen Eingangs der Cheops-Pyramide entdeckt. Die Kammer war etwa neun Meter lang – unberührt seit über 4.500 Jahren. Sie liegt verborgen hinter einer Mauer, ohne sichtbaren Zugang. Ihr Zweck? Unbekannt.

Schon länger ist bekannt, dass es unter der Chephren-Pyramide ein aus dem Fels gehauenes Höhlensystem gibt – wenig erforscht, schlecht dokumentiert. Die sogenannte „Osiris-Schachtanlage“, einige Hundert Meter von der Sphinx entfernt, führt über mehrere Ebenen in die Tiefe – in eine Felskammer mit Sarkophag, flankiert von wasserführenden Schächten.

All das zeigt: Die Vorstellung, dass sich unter dem Wüstensand nichts als Fels befindet, ist längst überholt. Aber was, wenn diese Gänge nicht nur Zufall sind, sondern Teil eines größeren unterirdischen Systems?

Eine Stimme aus der Vergangenheit

Interpretation der „Hallen von Amenti“ aus den Smaragdtafeln
Interpretation der „Hallen von Amenti“ aus den Smaragdtafeln

Wer sich tiefer in die Materie wagt, stößt unweigerlich auf Texte, die jahrhundertelang als Legenden galten. Darunter die sogenannten Smaragdtafeln des Thoth – eine Reihe von Schriften, die Anfang des 20. Jahrhunderts vom Okkultisten Maurice Doreal veröffentlicht wurden. Er behauptete, sie seien Übersetzungen uralter Texte, verfasst vom ägyptischen Gott Thoth selbst, dem „Meister der Weisheit“.

So heißt es in einer dieser Tafeln:

„Tief unter der Erde liegt das Land der verlorenen Seelen, die Hallen von Amenti, verborgen dem Blick der Sterblichen. Dort ruhen die Weisen in steinernen Kammern, beschützt von Kräften, die älter sind als Zeit.“

Und an anderer Stelle:

„Unter dem Pfad des großen Löwen liegt das Tor zur Tiefe. Öffne es nur mit dem Wort der Macht, sonst wird dich Dunkelheit verschlingen.“

Viele hielten (und halten) solche Texte für poetische Esoterik – doch der Bezug ist auffällig: Der „große Löwe“ kann kaum jemand anderes sein als die Sphinx. Und das „Tor zur Tiefe“ – könnte es die Kammer unter dem Sphinx-Schacht sein, die bereits Edgar Cayce in den 1930ern als „Halle der Aufzeichnungen“ beschrieb?

Mythos und Messdaten: Wo beginnt das eine, wo endet das andere?

Es ist verführerisch, heutige Entdeckungen mit alten Texten zu verknüpfen. Doch gerade hier ist Vorsicht geboten. Die Smaragdtafeln, so eindrucksvoll sie klingen, sind keine archäologisch anerkannten Quellen. Es gibt keinen Beweis, dass sie aus dem alten Ägypten stammen – ihre Sprache und Bildwelt tragen deutlich die Handschrift des 20. Jahrhunderts.

Und doch: Was wäre, wenn sie auf ältere Überlieferungen zurückgehen, vielleicht mündlich weitergetragen, fragmentarisch erhalten? Die alten Ägypter sprachen oft verschlüsselt – in Symbolen, Mythen, Ritualsprache. Die Vorstellung, dass Wissen unterirdisch bewahrt wird, zieht sich durch viele ihrer Texte – auch die echten.

Was bleibt: Ein schmaler Grat zwischen Staunen und Spekulation

Ob es eine „unterirdische Stadt“ unter Gizeh gibt, lässt sich derzeit nicht sagen. Aber sicher ist: Das Plateau ist noch längst nicht vollständig erforscht. Und immer wieder zeigen sich Hinweise auf Strukturen, die jenseits unseres heutigen Verständnisses liegen.

Was diese Erkenntnisse so faszinierend macht, ist weniger der Beweis einer Sensation – sondern die Art, wie sie altes Wissen in ein neues Licht rücken. Wenn sich die Forscher von heute mit denselben Fragen beschäftigen wie die Mythen von gestern, dann ist das kein Zufall. Es ist ein Dialog über Jahrtausende hinweg.

Vielleicht sind die „Hallen von Amenti“ keine steinernen Räume, sondern ein Bild für das, was wir noch nicht begreifen – aber zu begreifen hoffen.

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